Im Begriff „Kultur“ geraten Kunst und Landwirtschaft in Kontakt, denn er umfasst die sorgende wie gestaltende Bewirtschaftung von Land und Gesellschaft. Ganz in diesem Sinn hat Max I. Joseph den repräsentativen und architektonisch innovativen Schafhof sowie die ihn umgebende Landschaft gestalten lassen. Er sollte nicht nur eine Schafherde aufnehmen, sondern seine musterhafte Bewirtschaftung war darauf ausgelegt, bayernweit auszustrahlen und der ländlichen Kultur einen neuen Rahmen zu geben. In dieser Tradition steht auch das Europäische Künstlerhaus am Schafhof als Kulturort mit Strahlkraft, das über die Kunst neue Wege des Selbstverständnisses ins Land tragen möchte.

Die Arbeit TRANSVERSALE macht diesen Anspruch sichtbar, indem der Schafhof als eine Art Kulturstation begriffen wird, von der sich eine exemplarische Achse quer durch Oberbayern erstreckt. Über diese Bahn wird der scheinbar bekannte Kulturraum neu erschlossen und in seinen bildhaften Zusammenhängen in ungewohnter Weise erfahrbar gemacht. Die Objekte, die längs dieser Achse gefunden werden, sind Zeugnisse verschiedener, teils verborgener Kulturen und Ökonomien. Wie Erntefrüchte werden sie und die mit ihnen verbundenen Bilder eingeholt und in einem Raum des Schafhofs gespeichert. Dieser Prozess kann auch als eine Art Musealisierung gesehen werden, denn die Objekte werden von ihrem Lebensumfeld isoliert und als rätselhaft gewordene Zeichen neu installiert. Die Zusammenhänge, aus denen sie herausgenommen wurden, scheinen in den Videoclips auf.

Wenn die Besucher schließlich einen Teil der Transversale zu Fuß oder per Rad nachvollziehen, können sie auf der Suche nach den Fundorten der Objekte und ihren vergangenen Zusammenhängen eine scheinbar bekannte Umgebung neu erfahren und erinnern.
Durch die Reinszenierung der Objekte in der Installation und das Zusammenspiel mit den gesammelten Videobildern werden die festgefügten Wahrnehmungs- und Organistationsformen gekreuzt, die wir mit dem Begriff „Oberbayern“ verbinden. Es kommen Menschen in den Schafhof, die entlang der Achse leben und zu den Objekten Geschichten erzählen können. Die in beide Richtungen offene Ausstellungsstation TRANSVERSALE ermöglicht neue Formen der Begegnung und des Verständnisses von Regionalität.